Nummer 2 - Territorium |
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"Hier stellt sich das Problem der Kriegsmaschine oder des Firing Squad: Braucht man einen General, damit n-Individuen gleichzeitig abfeuern können?"
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Turbulente Tage hier in Mada, wie in einem schlechten Krimi: jetzt in Kürze die Ereignisse dieses Films: Präsidentschaftswahlen, es gibt zwei gegnerische Kandidaten. Der erste, Präsident im Amt (seit fast 25 Jahren, er hat das Land ruiniert und 80 % der Bevölkerung in einen Zustand dramatischer Unterentwicklung zurückversetzt, er kandidiert wieder, was ganz normal ist), der zweite, Geschäftsmann, an der Spitze der bedeutendsten Versorgungsgesellschaft des Landes, ist auch Bürgermeister der Hauptstadt, Antananarivo. Wie sein Programm aussieht weiß man nicht wirklich, sagen wir, es ist anzunehmen, dass es mit ihm nicht noch schlimmer kommen kann. Und außerdem ist seine Bilanz in Tana eigentlich auch eher zufriedenstellend. Das Resultat des ersten Wahldurchgangs: einen Monat nach der Abstimmung (die Zeit hat hier nicht ganz dieselbe Bedeutung wie bei uns), wird man sich gewahr, oh welch Wunder, welch Erstaunen, dass es sich wirklich sehr schwierig gestaltet, den Gewinner festzumachen: die Partei des Kandidaten Präsident veröffentlicht ihre eigenen Zahlen, während die Anhänger des Kandidaten Bürgermeister garantieren, dass die ihrigen die richtigen seien. Dann tritt noch eine dritte Informationsquelle in Aktion, und zwar mit Zahlen, die noch etwas anders aussehen. Es ist schwierig zu zählen, besonders wenn man nicht dieselben Ausgangsreferenzen hat, und besonders wenn man weiß, dass man mit der absoluten Sicherheit kandidiert, nicht geschlagen zu werden. Das nennt sich Demokratie, transparente Wahlen zu organisieren, die so transparent sind, dass man die Mauscheleien eines machtkranken Präsidenten durchschaut. Unnachgiebigkeit auf der Seite des Gegenspielers,
der auf Grundlage der Zahlen deklariert, in der ersten Runde gewonnen
zu haben und der nichts von einer zweiten Runde hören will, bei der die
Litanei der Mauschelei sich seiner, seiner Anhänger und der Hoffnungen
der Madagassen bemächtigen könnte. Natürlich ist es in Mahajanga, hier ist man
schließlich an der Küste, immer ein wenig heißer, und dann bietet es auch
ein gutes Kampfgebiet für gescheiterte Politiker. Eine große ethnische
Vielfalt, eine Mischung von Rassen, die zusammenleben, wenn alles gut
läuft. Ihr habt wohl verstanden, wir sind in Madagaskar.
Es ist nicht völlig ohne Grund so, dass das Land zu den ärmsten der Welt
zählt (man müsste eher sagen, dass seine Einwohner zu den ärmsten zählen,
da es sich hier sehr gut leben lässt, wenn man Geld hat, und ich habe
sogar ehrliche Madagassen getroffen, die etwas davon besitzen). Es ist alles in Ordnung, wie ihr Euch denken könnt, auch wenn es genug gibt, worum man sich für diese 14 Millionen arme Menschen Sorgen machen kann. Bis bald, bis auf Neuigkeiten, die hoffentlich erfreulicher ausfallen werden (man weiß ja nie, vielleicht dürfen sie ja noch einmal Hand an manipulierte Wahlzettel legen ...)
Daniella Wittig: dadidre@hotmail.com |
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