Spaziergang draußen im
Alaunpark. Süßer Geruch der Verwesungen. Es hat den ganzen Vormittag
geregnet, träge geregnet, ohne Glanz. Es wird bald noch regnen. In
seiner Blässe zeigt der Himmel plötzlich Regungen, Anfänge von Farben,
Zögerungen so oder so, sich ein bisschen mehr zu zeigen. Im halben
zwischen den Häusern verflossenen Tag haben die Dinge doppelten Abglanz:
die Dinge sind zwar da in ihrem Raumteil aber noch mehr in unserer
Phantasie: dieser rosa Schein zum Beispiel, der auf der Höhe einer
Zweiten Etage in einer Straße entlang dem Park schwebt, verkündet
Ausschweifungen von Zartheit, die nur von unseren - in dieser weichen
sich für Luft gebenden Paste - beschlagenen Augen reingebracht werden.
Und Tausende beweisende Beispiele von diesen Versuchen der belebten oder
unbelebten Wesen, aus ihren gewöhnlichen allzubekannten Konturen im
wiedergekäuten Tag auszubrechen (in dem Sommertag sagen wir mal, wo es
nur das Ding und seinen rohen Schatten gibt, und die Lust in ein
Hotelzimmer mit geschlossenen Gardinen schlafen zu gehen). Ich denke an
Cingria und an den niedergeschmetterten Dichter, den Michon neben ihm in
seinen Drei Dichter beschreibt. Die äußerste Armut von Cingria: damit
muss man anfangen, weil es naiv ist, weil es gerade romantisch ist,
blauäugig, verabscheuungswürdig sentimental… Wirklich könnte man ein
ganzes Leben neben diesem Park verbringen, in dem weichen Bauch der
Stunden, die Stämme streicheln kommen und jeden Tag ein bisschen mehr
diese ruhige Vegetation nennen, für sich, die Lippen manche richtige
Adjektive murmelnd, für sich. Den Rest der Zeit würde man hauptsächlich
Spaghettis essen, mit Salz und Öl manchmal, Bananen und Orangen auch,
damit man nicht den Asketen spielt, dass man sich nicht zu ernst nimmt.
Jedes Jahr eine kleine Reise nach Paris, genug um sie immer zu begehren,
wenn man zurück ist und sie im Traum besser sehen kann, als wenn man
dort leben würde (und diese Stadt ist sowieseo zu teuer). Nach und nach
hätte mich die Familie vergessen. Die Freunde auch, die ich mit aller
Stärke überzeugen wollte, dass ich Schriftsteller bin (meine Zeit
verbringend mit dem Versuch sie zu überzeugen, mit ihnen trinkend, um
sie besser zu überzeugen, Geld verdienend, um ihnen die Zeche zu
bezahlen, mich unerbittlich mit Händen und Füssen ankettend, mich in
einer verhassten Arbeit versklavend, um die Rechnungen, die
unausweichlich hier und da blühten, zurückzubezahlen, mein Leben
verlierend, es verspielend und verquatschend, mich in der immensen
gesprochenen Fiktion meines Werkes rollend, anstatt eine Zeile zu
schreiben, und spät in der Nacht mich wieder allein findend, mit meinem
Durst und meinem kaputten Herzen, mit meinen schwirrenden Händen und
verfolgten Knochen, nachdem ich am Abend meine ganze List erschöpft
hatte, alle Magie-Tricks und Taschenspielereien, die mein Nichtstun
vergeblich übertünchen wollten, die mein bevorstehendes unbestreitbares
Werk predigen mussten, mir in meinem Zimmer bei jedem Schritt zu nahe
tretend, mich an allen meinen alten verkümmerten Träumen stoßend, an den
dünnen - auf großen mit altrosa-seidenen Bändern gerollten knirschenden
Blättern - verpfuschten Trümmern von Erzählungen, und noch an alten im
Kamin versteckten Likörflaschen trinkend, um die spottenden in meinen
Hals schreienden Dämonen totzuschlagen, sie tot schlagend, mich tot
schlagend, wieder wachwerdend, mich noch tot schlagend, mich mit Zügen
aus alten Kippen wieder belebend, mit mir selbst und für meinen
exklusiven Gebrauch die Zärtlichkeit und das Mitleid versuchend, mich
sehr zu beklagenswert findend und wirklich wie in Biografien von großen
Schriftstellern, in einigen Punkten der methodischen Lächerlichkeit mir
sehr vergleichbar mit dem mürrischen Alkoholiker findend, der in Dublin
in den Dreißigern rumlief, bevor er später Der Verwaiser schrieb, und
den Mädchen nachlaufend, damit sie mich trösten und windeln, ab und zu
eine von ihnen den alten unternehmerischen Geist erweckend, die
Futur-Formen und die Farbe von entfernten Städten wo "wir beide hingehen
werden" - es reicht!). Ich würde das Recht gewonnen haben, endlich
nichts mehr zu tun, vor allem nicht mehr den Schriftsteller zu spielen,
mich nicht mehr vergeblich über weißen Blättern zu krümmen. Ich würde
wieder religiöse Gewohnheiten angenommen haben, durch die Einsamkeit.
Sonntags würde man hören können, wie sich meine zögernde Stimme in den
Chor einer lutherianischen Gemeinde mischt. Ich würde mit den
anerkannten Zechern des Viertels trinken gehen. Und ab und zu (denn ich
würde nur leben von Privat-Nachhilfe in Französisch) würde eine junge
Schülerin akzeptieren mit mir zu schlafen, aus Neugierde. Und ohne
Bitterkeit noch Schadenfreude würde ich flüstern, um den nachzuahmen,
der mir das Leben mit seinen Wundern und seiner Gewandtheit versaut
hatte, der mich daran gehindert hatte, eine gute Karriere als Notar ohne
Hintergedanken zu führen, der in mir eine vergebliche Sehnsucht
entflammt hatte: "Ich habe mein Blut gekocht. Meine Schuld ist
abgetragen. Ich komme wahrhaftig von jenseits des Grabes, und ganz ohne
Auftrag."
Dresden, Mai 2000
Dieser Text erschien im April 2001 unter dem Pseudonym Georges Malone in Nummer 8 von Ragtime (http://www.ifrance.com/ragtime/numero8.htm)
Die Zukunft
Text und Übersetzung: Alban Lefranc
Text und Übersetzung: Alban Lefranc
Alban Lefranc: über den Autor
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